Plataiai

Ein joint venture der Ephorie von Boiotien und des IKA

Kooperationspartner: ÖAI, University of Minnesota at Duluth

Im Jahr 1996 begannen im boiotischen Plataiai Untersuchungen, die zwischenzeitlich zu einer flächigen Exploration dieser antiken Ruinenstätte geführt haben. Dabei wurden zuerst die zum Teil sehr gut erhaltenen Stadtbefestigungen mit ihren vier Bauphasen dokumentiert. Grabungen haben zur Freilegung eines Stadttors im großen Mauerring geführt und ermöglichen dessen Datierung in die Jahre um 330 v. Chr. Die Befestigungslinie umschließt eine 81 Hektar große Stadt mit rechtwinkeligem Straßenraster. Diese großzügige urbane Anlage ist zweifelsfrei als Ergebnis der Neugründung Plataiais durch Philipp II nach seinem Sieg bei Chaironeia anzusehen. Die Stadt erhielt von dessen Sohn, Alexander dem Großen, generöse Subsidien und blieb der makedonischen Sache auch nach dessen Tod noch lange treu. Oberflächensurveys und zwei kleine Sondagen im Nordwestbereich der antiken Stadt haben weitere Informationen zur Historie des Platzes ergeben. Das im Zuge der Arbeiten geborgene keramische Material belegt eine Besiedlungsgeschichte, die im Neolithikum beginnt und ungebrochen bis ins Mittelalter reicht. (vgl. Aravantinos – Konecny – Machese, Hesperia 72, 2003, 281 ff.). Da kleinräumige Versuche ergeben hatten, dass Methoden der geophysikalischen Prospektion in Plataiai ein beträchtliches Potenzial besitzen, wurde in den Kampagnen 2005, 2006 und 2007 ein Bodenwiderstands- und Magnetometrie-Survey durchgeführt, das äußerst zufrieden stellende Ergebnisse erbracht hat.

In großen Teilflächen der Stadt konnten die Existenz eines orthogonalen Straßenrasters und differenzierte Muster der Binnenbebauung festgestellt werden. Im Norden der Stadt führte die Bodenwiderstandsmessung zur Aufklärung eines an der Oberfläche nicht zu ortenden Stadttors. Als wichtigstes Resultat darf jedoch die Definition des städtischen Zentrums des 336 v. Chr. neu gegründeten Plataiais angesehen werden. Nördlich und nordöstlich eines Tempels (er wird wohl mit dem schon bei Herodot genannten Schrein der Hera von Plataiai zu identifizieren sein) erstreckte sich eine 18.000 m2 große Agora mit einem in ihrem Zentrum stehendem, nach Osten ausgerichtetem Naiskos. Eine langgestreckte Säulenhalle trennte die Agora von einem großflächigem Kultbezirk mit einem in seiner Mitte stehenden, kleinen, nach Süden ausgerichteten Tempel. Der enge räumliche Bezug zum Theater indiziert, dass er dem Dionysos geweiht war. Nördlich abgehend konnte eine der Hauptstraßen der Stadt geortet werden. Sie wird beidseitig von dichter Bebauung gerahmt. Nahe am Dionysosbezirk scheinen ein oder zwei große, um innen liegende Peristyle gruppierte, städtische Villen gelegen zu haben. Weiter nach Norden, Nordosten und Osten dünnt die Bebauung aus. Von der zur Verfügung stehenden Fläche innerhalb des Mauerrings war im besten Fall etwa ein Drittel bebaut.

 

Ausgewählte Literatur:

  • A. Konecny, Plataiai in Boiotien. Resultate von sechs Jahren Survey und joint-venture Grabungen, in: B. Asamer – W. Wohlmayr (Hrsg.), Akten des 9. Österreichischen Archäologentags, Salzburg 2001, 115 ff.
  • V. Aravantinos – A. Konecny – R. Marchese, Plataiai in Boiotia: A Preliminary Report of the 1996-2001 Campaigns, Hesperia 72, 2003, 281 ff.
  • V. Aravantinos – A. Konecny, Plataiai, die Kampagne 2000, ÖJh 70, 2001, 9 ff.
  • V. Aravantinos – A. Konecny – R. Marchese, Recent Excavations at the Ancient Town of Plataiai in Boiotia, Athena Review 2003, 49 ff.
  • A. Konecny – V. Aravantinos – M. Boyd – R. Marchese, Geophysik in Plataiai: Resultate der Kampagne 2005., Jh 75, 2006, 133 ff.
  • A. Konecny – V. Aravantinos – M. Boyd – R. Marchese, Plataiai in Boiotia. A Preliminary Report on Geophysical and Field Surveys Conducted in 2002 – 2005, Hesperia 77, 2008.
  • Andreas Konecny – Vassilis Aravantinos – Ron Marchese, Plataiai. Archäologie und Geschichte einer boiotischen Polis. Mit Beiträgen von Michael J. Boyd, Alexandra Charami, Kyriaki Kalliga, Dimitris, Koutsodimos und Kalliopi Sarri (Sonderschriften des Österreichischen Archäologischen Institutes 48) Wien 2013. (Phoibos Verlag)