Mirobriga – Regina Turdulorum. Stadt und Land im römischen Westen

Auch am westlichen Rand des Imperium Romanum werden Stadt und Land oft als Gegensätze gesehen: Während die Städte sich dem fortschrittlichen urbanen Lifestyle verschrieben, blieb das Land traditionell, bodenständig und widersetzte sich der römischen Einheitskultur. Doch so einfach lassen sich Stadt und Land nicht charakterisieren. Die Beziehungen waren komplex und von Veränderungen geprägt, die sich über Jahrhunderte erstreckten.

Diese vielschichtigen Beziehungen stehen im Mittelpunkt des Projekts MiReg: Stadt und Land im römischen Westen. Anhand der zwei municipia am Rand des römischen Einflussbereichs – Mirobriga im heutigen Portugal und Regina Turdulorum in der spanischen Extremadura – werden Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Veränderungen im Zusammenspiel von Stadt und Hinterland von der Etablierung der römischen Herrschaft im 2. Jahrhundert vor Christus bis zum 3. Jahrhundert nach Christus untersucht.

Wie wurde das Land bewirtschaftet? In welcher praktischen Beziehung standen die Städte zu ihrem Umland? Was änderte sich durch die römische Herrschaft? MiReg versucht, diese und andere Fragen mit einem reichen Spektrum and archäologischen und naturwissenschaftlichen Methoden zu beantworten.

Seit 2021 werden hierzu jährlich Feldbegehungen durchgeführt. Dabei wurden in vier Surveykampagnen das gesamte Umland der Stadt Regina Turdulorum, das unmittelbare Stadtgebiet von Mirobriga sowie dessen weit entfernt liegendes landwirtschaftlich genutztes Hinterland begangen. Viele dieser Flächen wurden auch in Zusammenarbeit mit der Philipps-Universität Marburg geophysikalisch untersucht.  Zudem ist das Projekt MiReg stark mit dem Lehrbetrieb der Universität Wien verbunden: Von 2022–2024 fand jährlich eine Lehrgrabung in Regina Turdulorum statt, im Zuge derer Bachelor- und Masterstudierende sich an der Erforschung eines Lagergebäudes sowie eines Produktionsbetriebs beteiligen konnten. Die Fundbearbeitung erfolgt seit 2023 im Rahmen von Keramikkursen, bei denen Studierende den Umgang mit dem Material erlernen. Zudem entstehen im Rahmen des Projekts drei Abschlussarbeiten.

Bereits jetzt zeigen sich erste Ergebnisse, welche das bisherige Bild der hispanischen Städte verändern: Das Umland von Regina Turdulorum war weitaus stärker bebaut als bisher angenommen und weist eine hohe Spezialisierung in den Produktionssparten auf. Archäozoologische Analysen können eine starke Jagdtätigkeit in der Region belegen. Auch die Besiedlung des späteren civitas-Gebiets in vorrömischer Zeit und die Handelsverbindungen der Stadt müssen neu überdacht werden. In Mirobriga hingegen ließ sich eine weitaus dünnere Besiedlung und eine Verlagerung der landwirtschaftlichen Produktion in das fruchtbarere Sado-Tal feststellen.

Autorin: Ines Guth, B.A.

Das Projekt ist eine vom österreichischen Wissenschaftsfond (FWF) geförderte internationale Kooperation der Universität Wien, der Philipps-Universität Marburg, sowie der Universidad de Cantabria und wird von lokalen Partnern, insbesondere dem Ayuntamiento de Casas de Reina, unterstützt. Pollenanalysen werden durch ein Team der Università degli studi di Modena e Reggio Emilia durchgeführt, mit dem Ziel, ein genaues Bild der Vegetation in römischer Zeit gewinnen zu können.