V O R T R A G
Prof. Dr. Alfred Schäfer (Römisch-Germanisches Museum Köln)
Dienstag, den 21. Jänner 2020 um 18 Uhr c.t.
Ort: Institut für Klassische Archäologie
1190 Wien, Franz-Klein-Gasse 1, Seminarraum 12
Am Eingang der Kölner Südstadt wurde bei archäologischen Ausgrabungen des Römisch-Germanischen Museums im Frühjahr 2018 ein römischer Grabbezirk freigelegt, zu dessen Ausstattung sehr wahrscheinlich ein freistehendes Porträtmedaillon aus Kalkstein gehörte.
Die bekannten Vorbilder des neu entdeckten Porträtmedaillons stammen vor allem aus dem Nordosten Italiens, insbesondere aus Altinum/Altino an der Lagune von Venedig. Es handelt sich hier um halbkugelförmige Medaillons, deren Vorderseite dem Schnitt durch die Kugel entspricht. Das Kölner Stück ist an seiner Front etwas größer als die Vorbilder aus dem Mutterland. In der Tiefe ist es hingegen von kleineren Ausmaßen, wohl um Steinmaterial zu sparen. Die Form des Kölner Porträtmedaillons orientiert sich trotz geringer Relieftiefe eindeutig am Darstellungstyp der frühkaiserzeitlichen Vorbilder Oberitaliens.
Mit diesem Neufund fassen wir das erste bekannte freistehende Grabmedaillon in der römischen Provinz Niedergermanien. Wie eng die Verbindung zwischen Italien und dem römischen Köln bereits in der Frühzeit der Stadt gewesen ist, soll am Beispiel dieses Neufundes erörtert werden. Dabei geht es nicht nur um Fragen des überregionalen Transfers, sondern auch der personellen Trägerschaft. Aus welcher Zeit stammt das neu entdeckte freistehende Grabmedaillon? Wie darf man sich seine ursprüngliche Aufstellung vorstellen? Welchem Personenkreis ist das Grabmonument am ehesten zuzuordnen und welche Ansprüche und Wertvorstellungen wurden damit verknüpft?
Dass der Neufund eine regelrechte „Migrationsgeschichte“ erzählt, soll anhand des Kölner Fundkontextes im Vergleich zu ausgewählten Grabbezirken in Italien dargelegt werden.
Foto: Archäologische Ausgrabungen an der Severinstraße in Köln 2018. Studentische Mitarbeiter des Römisch-Germanischen Museums bei der Freilegung eines frühkaiserzeitlichen Grabmalfundamentes.