Exkursion „Die Pannonischen Provinzen in der Spätantike“

Im Rahmen der Exkursion "Die Pannonischen Provinzen in der Spätantike" wurden vom 01. bis 09. Juli 2023 unter der Leitung von Basema Hamarneh und Davide Bianchi unterschiedliche spätantike Fundstellen des pannonischen Raums im heutigen Ungarn besucht. Das Programm enthielt zahlreiche Ausgrabungsorte sowie Museen und der Großteil der Besuche wurde von den jeweiligen DirektorInnen oder ForscherInnen begleitet: dies bot zusätzlich zu den Referaten der Studierenden einen umfassenden Einblick in die Geschichte der Fundorte, deren Grabungsgeschichte und den aktuellen Forschungsstand. Es nahmen nicht nur Studierende der Klassischen Archäologie, sondern auch der Urgeschichte und Historischen Archäologie und der Kunstgeschichte teil. Während der Exkursion wurden in neun Tagen Szombathely, Keszthely, Budapest, Pécs und Komárom per Zug erreicht und besichtigt, wobei wir auch in die ungarische Kulinarik und Kultur eintauchen durften.

Szombathely
Unsere Reise begann mit einem Einblick in das antike Savaria. Der sogenannte Tempelbezirk im Süden der Stadt veranschaulicht den Import verschiedener Kulte aus dem Südosten. Im rekonstruierten Iseum an der Bernsteinstraße wurde mit Ottó Sosztarits die Multikulturalität anhand ausgestellter archäologischer Überreste diskutiert. Noch am selben Tag wurde uns eine Führung von Museumsdirektorin Andrea Csapláros durch das Savaria Museum und den Ruinengarten ermöglicht. Zusätzlich überraschte sie uns mit einem Abstieg in einen Teil der römischen Kanalisation.

Keszthely
Am Balaton/Plattensee besuchten wir das Balatoni Museum und die Fundstelle in Fenékpuszta in Begleitung von Róbert Müller. Zweiteres ist eine römische Befestigung (castrum) welche über mehrere Jahrhunderte hinweg eine Siedlungskontinuität nahelegt. Im Feld befinden sich die rekonstruierten Anlagen, darunter auch eine Basilika. Ihr dreischiffiger Grundriss mit drei Apsiden und einer später erbauten Kapelle an der Seite veranlasst in Kombination mit den wenigen christlichen Funden aus den umgebenden Gräbern die Diskussion um eine christliche Funktion. Abgeschlossen wurde das Programm mit einer Besichtigung des Schlosses Festetics oder einem Sprung ins kühle Nass.

Budapest
Unter der Führung von Gabriella Fényes wurde uns die Ausgrabungsstätte und das Museum Aquincum vorgestellt. Hier löste insbesondere das rekonstruierte Mithräum eine lebhafte Diskussion über den Mysterienkult des Mithras aus. Die Gemeinschaftsverehrung der Gottheit sowie Aspekte der Initiation und des sakralen Mahls können auch in der späteren Entwicklung des Christentums wiedererkannt werden. Außerdem standen das Szépművészeti Museum, das Österreichische Kulturforum Budapest, das Italienische Kulturinstitut, der Budapester Burgpalast und die Matthiaskirche auf dem Programm. Im Ungarischen Nationalmuseum war der Seuso-Schatz Ausgangspunkt für eine Diskussion über den illegalen Antikmarkt und die Appropriation archäologischer Funde seitens unterschiedlicher Länder. Die Funde aus dem Alltagsleben regten eine Debatte über die Natur des frühen Christentums und der Grenze einer monotheistischen Religion an. Die Aspekte paganischer Kulte sind vielfältig und in der Geschichte unserer Religion bestehen geblieben, wie bereits beim Mithraskult festgestellt wurde.

Pécs
Die Reste der antiken Stadt Sopianae und besonders des frühchristlichen Friedhofs wurden in Begleitung von Levente Nagy erkundet. Die einmaligen Strukturen und Malereien begründen die Ernennung zum UNESCO-Weltkulturerbe und die Ausstattung des Besucherzentrums erlaubt eine nahe Auseinandersetzung mit den archäologischen Befunden. Zudem bestaunten wir die Moschee Gazi Khassim, die Moschee des Pascha Jakowali Hassan und die Kathedrale St. Peter und Paul. Am Abend des 07. Juli kamen wir in den Genuss des einzigartigen Zsolnay Light Festivals.

Komárom
Die Vielfalt der Funde und der Reichtum an ausgegrabenen Fresken präsentieren sich in der qualitativen Ausstellung des Klapka György Museums. Die physischen und digitalen Rekonstruktionen bieten einen sehr guten Einblick in das antike Leben. Auch die Forschungsgeschichte der Ausgrabungen wird erläutert, um das archäologische Handwerk einem breiteren Publikum zu erschließen. Geführt wurden wir dabei von László Borhy persönlich, der nicht nur als ehemaliger Ausgräber von Brigetio eine wichtige Rolle erfüllt, sondern auch als Universitätsdirektor (ELTE) – der einzige Archäologe in solch einer Position!
Eine bunt zusammen gewürfelte Truppe, zwei engagierte ProfessorInnen und tolle Ansprechpersonen vor Ort: Mehr braucht es nicht für eine Exkursion, die uns noch lange in Erinnerung bleiben wird!
Abgesehen von den spannenden Erfahrungen, den neuen Kontakten und dem neu erlangten Wissen, bleiben auch Erinnerungen wie z.B. eine kleine Pflanze, die uns in einer PET-Flasche begleitet hat, sowie witzige Aufnahmen hinter diversen Fotowänden, in unseren Herzen.