Lehrgrabung in der Toskana
Zwischen dem 2. und 23. August 2015 fuhr eine Gruppe von Studierenden des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Wien (Abb. 1) unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Günther Schörner, M.A. im Rahmen einer Lehrgrabung in die Toskana, um die letztjährigen Kampagnen in Molino San Vincenzo weiterzuführen. Unter der heißen Sommersonne der Toskana hat sich so Folgendes zugetragen:
DE EFFOSSIONIBUS IN VICO TUSCANO MOLINO SAN VINCENZO
Unsere Reise begann am vierten Tag vor den Nonen des August 2768 ab urbe condita zur ersten Stunde des Tages. Ungefähr zur neunten Stunde des Tages erreichten wir unsere mansio in der Provinz Tuscia et Umbria nach einer beschwerlichen Reise in unseren vehicula populare und bezogen unsere contubernia. (Abb. 2 und 3)
Nachdem der ortsansässige agricola unsere in einem idyllischen Sonnenblumenfeld gelegene Arbeitsstätte mit der machina aggerandi (gemeinhin auch als Ruspa bekannt) vorbereitet hatte und diese vom consilium Caesaris abgesegnet wurde, konnten wir mit unserem Tagewerk beginnen. (Abb. 4) In den ersten Tagen schonten uns Iupiter und Sol nicht und ließen sich auch durch zahlreiche libationes nicht besänftigen. Die erste Woche galt der Freilegung der Ergebnisse der letzten expeditiones. Stets wurden unsere Arbeiten von den wachsamen Augen des centurio Dominicus Ahenobarbus (Abb. 5) mit der vitis optica GoPro (Abb. 6) beaufsichtigt. Inhaber der höchsten Befehlsgewalt war der princeps institutionis, professor Günther Schörner (Abb. 7), der gleichzeitig einen Survey in den latifundia ducis Frescobaldi leitete. (Abb. 8) Die Höhepunkte dieser Woche stellten ein neuzeitlicher Ofen und ein Bronzebeschlag dar. Letzteren kommentierte unser centurio mit: "frigidus, crassus, lascivus!". Einen Wermutstropfen bildete der Ausfall eines unserer vehicula populare, quasi vetustate dilapso. (Abb. 9) Den Abschluss der Woche bildete ein ausgelassenes convivium und ein Ausflug nach Pisa und Siena, wo die alljährlichen Pferderennen leider erst eine Woche später stattfanden. (Abb. 10 und 11)
In der zweiten Woche hatten unsere libationes und dona votiva die Gottheiten zum Gegenteil bewogen und der Himmel weinte. Dies wurde von der magistra ceramicae Veronika (Abb. 12) zum Anlass genommen uns in die ars des Keramikzeichnens einzuführen. (Abb. 13) Nachdem die Götter dem Unterfangen wieder gesonnen waren, konnten wir auf den campus zurückkehren. Zusätzlich erhielten wir Verstärkung durch die magistri lapidum Dr. Erich Draganits und Dr. Roderick Salisbury, die Bodenproben entnahmen und uns mit Rat und Tat zur Seite standen. (Abb. 14) Wir konnten eine Steinsetzung sowie einen Ofen freilegen und dokumentieren. Wie alle anderen Befunde wurden auch diese eingemessen, fotografiert und digital aufgenommen:
https://www.youtube.com/embed/_6ED-rbLpdk" frameborder="0" allowfullscreen
Zusätzlich wurden die Schnittkanten unter Aufsicht der beneficiaria[1] Raffaela begradigt. (Abb. 15) Nach Beendigung der negotia statteten wir der Provinzhauptstadt Florenz einen Besuch ab. (Abb. 16)
Anfang der letzten Woche erhielten wir raetische Unterstützung in persona evocati[2] Alarici Vicilongi. (Abb. 17) In dieser Woche war Fortuna uns gnädig. Neben der Entdeckung einer Drainage unter einem Cocciopesto-Boden wurde die Ausgrabung einer Mauer abgeschlossen. Den Höhepunkt stellte jedoch die Freilegung eines Ofens mit Befeuerungsgrube, Schürkanal und Brennkammer dar. (Abb. 18) Über diesem Ofen befanden sich mehrere Dolia-Fragmente. Die teilweise harte Arbeit der vorhergehenden Wochen machte sich so endgültig bezahlt. Die erfolgreichen drei Wochen wurden bei einem großen Festmahl beschlossen. (Abb. 19)
(sämtliche Aufnahmen © IKA Wien)
Wehmütig zogen wir nach drei spannenden und lehrreichen Wochen von dannen und erreichten in unseren nun wieder funktionstüchtigen vehicula populare die Heimat.
Curam Agentes: Ecclesiaehospes (N. Kirchengast), auctrix ex agro ambisontium (S. Defant), Lanius (E. Fleischer)
[1] Beneficiarius: Hier: Jemand, der im Rang über den Studenten, aber unter dem centurio steht.
[2] Evocatus: Im eigentlichen Sinne eine Person, die ihre militärische Dienstzeit bereits absolviert hat, sich aber trotzdem wieder in den Dienst begibt. Hier: Jemand, der eigentlich bereits genug Lehrgrabungen absolviert hat, aber nichtsdestotrotz bei dieser seine Unterstützung zusagt.