Samos, Sonne und Scherben – archäologischer Survey in der Ägäis
Für das West Area of Samos Archaeological Project war es seit 2021 bereits das dritte Mal Zeit, den Abenteuermodus zu aktivieren und die Insel in der Ägäis archäologisch zu erkunden. Fünf Wochen lang widmeten wir uns im archäologischen Survey den Gebieten um Karlovasi und dem nordwestlichen Teil der Insel. Das Projekt wird in internationaler Kooperation von Prof. Dr. Naoíse Mac Sweeney (Universität Wien), Dr. Michael Loy (Universität Cambridge) und Dr. Anastasia Christophilopoulou (Universität Cambridge) geleitet und mit dabei waren auch vier Studierende der Universität Wien.
Vom 28. August bis zum 29. September durchstreiften wir in zwei Teams die Insel in intensivem Fieldwalking, aufgeteilt in 50x50 Meter große Raster, und deckten dabei einen Bereich von 4,8 Quadratkilometern ab. Das erste Team hatte das Ziel in vollständiger Abdeckung jene Gebiete abzulaufen, die aufgrund ethnografischer Untersuchungen und lokalen Wissens als Interessenspunkte identifiziert worden waren. Das zweite Team, nicht ohne eine Prise Humor, nannte sich "One Direction" und genoss in den Pausen die Musik der gleichnamigen Band, während es die Insel in langen Transekten immer Richtung Norden durchquerte.
Ausgestattet mit einem Klicker, um Keramikscherben zu zählen und einem Kompass, der uns die Richtung wies, ging es für beide Teams pünktlich zum Sonnenaufgang ins Feld. In den fünf Wochen haben wir stolze 38.919 Mal geklickt, also ebensoviele Keramikscherben gezählt, wovon immerhin 2267 Stücke als diagnostisch aufgesammelt wurden. Der Geruch der salzigen Meeresbrise oder der Duft der Olivenhaine begleitete uns auf unseren Arbeitstagen, während wir uns durch die Landschaften kämpften. Manchmal mussten wir uns wie James Bond krabbelnd alle paar Meter unter Weinreben herducken, denn merke: gepflanzte Weinreben halten sich nicht so genau an Himmelsrichtungen wie wir es tun. Nicht selten trafen wir auf die freundlichen Bewohnerinnen und Bewohner der Insel, die mit uns nicht nur ihr lokales Wissen, sondern auch Orangensaft oder Früchte teilten.
Jeder Schritt war eine Reise durch die Zeit, mit jedem Fund ein neues Kapitel der Geschichte von Samos zu entdecken. Anhand der Verteilung der Scherben identifizierten wir bis zu 18 potenzielle Interessensgebiete. Besonders interessant war ein Bereich zwischen Hügeln mit viel hellenistischer und römischer Keramik und ein anderer Bereich, wo wir antikes Material im Gebiet um Vryses entdecken. Dazu besuchten wir auch das Gebiet um Velanidia erneut, wo wir 2022 eine hohe Konzentration an archaischer Keramik gefunden haben.
Unser internationales Team sorgte dabei stets für gute Stimmung, auch wenn mal die Mittagssonne heftig auf unsere Köpfe schien. Gemeinsam wurde mit den Studierenden aus Großbritannien, Griechenland und der Schweiz gelacht, die ein oder andere Scherbe ausgiebig diskutiert oder gemeinsam (und am Ende auch immer erfolgreich) der Startpunkt für das neue 50m-Grid gesucht. Dabei begeisterten uns nicht nur die archäologischen Funde, sondern auch die atemberaubende Aussicht auf das tiefblaue Meer, das sich täglich vor uns ausbreitete und für unsere nachmittagliche Abkühlung sorgte.
Denn nauch neben der Arbeit fanden wir die Zeit, die Insel zu erkunden und unsere Zeit zu genießen. Abendessen in gemütlichen Tavernen, wurden zu unseren wohlverdienten Belohnungen nach einem langen Tag im Feld. Am Wochenende galt es die Insel zu erkunden und zum Beispiel einen Wasserfall hochzuklettern, das Stadtleben in Vathy zu erleben oder die Suche nach dem schönsten Strand der Insel aufzunehmen. Natürlich stand auch noch das ein oder andere archäologische Highlight auf unserem Programm! Bei einem Besuch des berühmten Hera-Heiligtums aus Samos, führte uns der Grabungsleiter Dr. Jan-Marc Henke (Deutsches Archäologisches Institut) durch die Stätte und teilte mit uns sein Fachwissen. Eines anderes unserer Wochenend-Abenteuer führte uns in den Eupalinos-Tunnels, ein Meisterwerk der antiken Ingenieurskunst. Tief im Inneren der Insel verborgen, ließ uns die Exkursion die Faszination für die technischen Errungenschaften der antiken Zeitgenossen spüren.
Am Ende bleibt uns eins zu sagen: Sonne, Samos und Scherben sind eine aufregende und lehrreiche Sommerbeschäftigung und wir freuen uns schon auf die nächste Saison!
Happy fieldwalking everyone,
Astrid Feiel, Fabiola Heynen, Eleni Kopanaki, Alina Schöllbauer