Bedeutsame Scherben: Sigillata aus pre-consumption deposits

Projektträger: Institut für Klassische Archäologie

Projektleitung: Mag. Mag. Dr. Julia Kopf

Projektmitarbeiter*innen: Marina Palmieri, MA, Olivér Borcsányi, BA, Elisabeth Todt, BSc BA

Finanzierung: FWF – Der Wissenschaftsfonds (P 34600-G)

Laufzeit: 01.10.2021 – 30.09.2024

Kooperationen: vorarlberg museum / Bregenz, Dr. Małgorzata Daszkiewicz / ARCHEA (chemische Analysen)

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Plan der mittelkaiserzeitlichen Gebäudestrukturen von Brigantium mit Eintragung der Fundorte der projektrelevanten Terra Sigillata-Fundkomplexe (Daten: K. Oberhofer / A. Picker / U. Reiterer, Von der groma zum GIS. Der digitale Stadtplan von Brigantium/Bregenz. Fundber. Österreich 55, 2016 (2018), 535–554)

Terra Sigillata aus dem Römerkeller 1878 in der Ausstellung buchstäblich vorarlberg im vorarlberg museum (Foto: J. Kopf)

Die Terra Sigillata, ein rot glänzendes Tischgeschirr, gehört aufgrund ihres Potentials für die Datierung von Fundstätten und Fundensembles sowie ihrer Verbreitung im gesamten Imperium Romanum zu den am besten erforschten Materialgruppen der römischen Archäologie. Allerdings wurden viele bedeutende Fundkomplexe bisher noch nicht in wissenschaftlich adäquater Weise dokumentiert, analysiert und veröffentlicht. Dazu gehören auch zahlreiche Händlerdepots und Keramiklager in den Provinzen des Römischen Reichs, welche der Kategorie der pre-consumption deposits zugeordnet werden können. Mit diesem Fachausdruck werden Keramikensembles umschrieben, die in den Boden gelangten bevor sie verwendet werden konnten. Dies betrifft Funde aller Stufen der Handelskette, von am Töpfereiort entsorgten Fehlbränden über gesunkene Schiffsladungen bis hin zu Händlerdepots am Zielort. Letztere sind meistens deshalb nicht zum Verkauf gelangt, weil sie durch ein Feuer zerstört wurden.
Das Projekt hat einerseits die Bearbeitung und Publikation von zwei bereits seit langem bekannten Terra Sigillata-Fundkomplexen aus Brigantium/Bregenz (Römerkeller 1878 und Depotfund 1911) zum Inhalt und will andererseits einen Beitrag zur bisher erst in Ansätzen erfolgten methodischen sowie theoretischen Erforschung von pre-consumption deposits leisten. Aus diesen lassen sich wichtige Erkenntnisse etwa zu Aspekten der formalen Gestalt der Gefäße (z. B. Form- und Größenentwicklung, Standardisierung der Produktion) und zur funktionalen Zusammensetzung von Keramiklieferungen (z. B. Verhältnis der Formgruppen zueinander und Rolle der vertretenen Töpfer für die spezifische Typenverteilung) ableiten. Der Fokus liegt dabei auf Fundensembles an den Zielorten. Aufgrund des Umstands, dass Händlerdepots und Keramiklager Teile ursprünglich viel größerer Fundeinheiten (Töpferofenladungen) repräsentieren, lässt ihre systematische Analyse vielversprechende Ergebnisse erwarten. Dazu zählen etwa Erkenntnisse zu den Selektionsprozessen, die von einer Töpferofenladung mit bis zu 30.000 Gefäßen zu wenigen hundert Objekten in einem Händlerdepot führten, und zu Töpfernetzwerken (Welche Töpfer arbeiteten zur selben Zeit und ließen ihre Produkte an dieselben Zielorte liefern?).
Methodisch kommen, neben der traditionellen archäologischen Dokumentation der Bregenzer Ensembles in Form eines Katalogs mit zugehörigen Abbildungen, statistische Verfahren für die wissenschaftliche Auswertung zum Einsatz. Zudem werden mikroskopische und chemische Untersuchungen von Keramikfragmenten (zur Herkunftsbestimmung) und Recherchen in der Samian research-Datenbank des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz durchgeführt. In diese open access-Datenbank, anhand derer die Stempel- und Dekorbestimmung von Terra Sigillata wesentlich vereinfacht wurde und die vielfältige neue Analysemöglichkeiten bietet, werden die zahlreichen Töpferstempel der beiden Bregenzer Fundensembles auch eingegeben um sie rasch der Fachwelt zugänglich zu machen.

English Abstract (pdf)

Publikationen zum Projekt

  • J. Kopf / M. Palmieri, Un "pre-consumption deposit" de céramique sigillée à Brégence/Brigantium (Autriche). In: SFECAG, Actes du Congrès de Clermont-Ferrand, 26–29 mai 2022 (Marseille 2022) 355–360.

Projektbezogene Hochschulschriften

Projektrelevante Literatur

  • W. Czysz, Der Sigillata-Geschirrfund von Cambodunum-Kempten. Ein Beitrag zur Technologie und Handelskunde mittelkaiserzeitlicher Keramik. Ber. RGK 63, 1982, 281–348.
  • K. Dzwiza, Ein Depotfund reliefverzierter südgallischer Terra Sigillata-Schüsseln aus Pompeji. Jahrb. RGZM 51, 2004, 381–587.
  • M. Fulford, Shops, Stalls, Stores: Pre-consumption Deposits and Centrally Organised Distribution in Antonine Britain. Britannia 45, 2014, 279–284.
  • M. Fulford / E. Durham (Hrsg.), Seeing Red. New Economic and social perspectives on Terra Sigillata. Bull. Inst. Class. Stud. Suppl. 102 (London 2013).
  • B. Hartley / B. M. Dickinson (Hrsg.), Names on Terra Sigillata. An index of makers' stamps & signatures on Gallo-Roman Terra Sigillata (Samian Ware). Bull. Inst. Class. Stud. 102 (London 2008–2012).
  • A. Hild, Archäologische Forschungen in Bregenz. Jahresh. Österr. Arch. Inst. 26, 1930, 115–176 (Beibl.) bes. 122–125.
  • J. Jacobs, Sigillatafunde aus einem römischen Keller zu Bregenz. Jahrb. Altkde. 6, 1912, 172–184.
  • S. Jenny, Bauliche Ueberreste von Brigantium. Rechenschaftsber. Ausschuss Vorarlberger Mus.-Ver. 20, 1880, 10–26 bes. 16–18.
  • J. Kopf, Ein früher südgallischer Terra-Sigillata-Sammelfund aus Bregenz: Überrest eines militärischen Keramikdepots? Jahrb. RGZM 62, 2015, 135–254.
  • M. Rhodes, Roman Pottery lost en route from the kiln site to the user – A Gazetteer. Journal Roman Pottery Stud. 2, 1989, 44–58.



 

 

Die Projektmitarbeiter*innen Elisabeth Todt, Marina Palmieri und Olivér Borcsányi im Keramikraum des Instituts (Foto: J. Kopf)