Ausgrabung 2023

Im Spätsommer 2023, vom 28. August bis zum 27. September, fand die erste Ausgrabung im Zuge des FWF-Projektes „Rethinking Periphery in Late Antique Arabia“ (Projektnummer: FWF-P 35326) in Kombination mit der Lehrgrabung der Universität Wien des Instituts für Klassische Archäologie statt.  
Das Ziel der diesjährigen Grabung war die vollständige Freilegung des nördlichen Kirchenschiffs in Fläche F05, welche bereits im Vorjahr schrittweise begonnen wurde, sowie der Beginn der Grabungen in Fläche F06.

Fläche F04 (orange), Fläche F05 (rot = die Gesamtfläche, blau = Grabungsareal 2023) und Fläche F06 (grün)

Die Grabung in F05

Das Grabungsareal in F05 erstreckte sich von der zweiten Pilasterreihe bis an die westliche Außenmauer des nördlichen Kirchenschiffes. Die rezenten Schichten wurden auf der gesamten Fläche F05 bereits bei der Ausgrabung 2022 abgetragen, und so begannen die Arbeiten hier beim Abtrag der Versturzschichten SE 08 und SE 76 (SE = Stratigrafische Einheit). Hierdurch konnten die eingestürzten Bögen 2 bis 5, sowie die dazugehörigen steinernen Dachplatten freigelegt und dokumentiert werden.

Graustufen-Hervorhebungskarte (Occlusion Map) des strukturellen Einsturzes der Bögen 2 und 4, sowie der Dachplatten in F05.

Unter diesem strukturellen Versturz traten mehrere lose gebundene Strukturen aus Stein zu tage, welche auf eine bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannte weitere Nutzungsphase des Gebäudes in mittelislamischer Zeit hindeuten. Die Keramikfunde der Schicht müssen noch vollständig ausgewertet werde, deuten vorläufig jedoch auf einen Nutzungszeitraum im 9.–10. Jahrhundert hin. Diese steinernen Strukturen wurden direkt über der Verwitterungsschicht des Mosaikbodens errichtet.

Orthophoto der Strukturen einer späteren Nutzungsphase in F05.

Durch die gänzliche Freilegung des Kirchenschiffs und des Mosaikbodens wurden auch mehrere Phasen des Bodens sichtbar und es kann davon ausgegangen werden, dass es im Zuge der Nutzung der Kirche zumindest zu drei Umgestaltungen kam. Zudem wurde auch der Kirchenraum selbst durch den Einbau von Sitzbänken zwischen im südlichen Bereich entlang der westlichen Außenmauer, sowie durch den Einbau einer Nische zwischen den Mittelpilastern 1BC und 2BC (eventuell für die Aufstellung einer Ikone) mehrfach verändert und umgestaltet.

Das ausgegrabene Kirchenschiff der nördlichen Kirche (F05)

Die Grabung in F06

Ziel dieser ersten Grabung, in der an F05 anschließenden südlichen Kirche, war die Freilegung der Apsis und des Verbindungsganges zwischen den beiden Apsiden (F04/2021, F05/2022 und F06). Wie oberflächlich bereits vermutet, war der zentrale Bereich der Apsis durch eine frühere Raubgrabung weitestgehend zerstört und es konnten hier nur vereinzelt Teile des Fußbodenfundaments entlang der Apsis-Mauer freigelegt werden.

Der zentrale Bereich der südlichen Apsis, mit dem Raubgrabungstrichter, welcher durch das Bodenfundament reicht.

 

Der Raubgrabungstrichter erstreckte sich bis zu 50 cm unter das eigentliche Bodenniveau und ermöglichte so den ungehinderten Blick auf die Fußbodenunterkonstruktion aus mehreren Schichten Erde und Kalkschutt.  Im Presbyteriums-Bereich westlich der Apsis war der Fußboden, welcher hier aus rechteckigen mittelgroßen Steinplatten und wiederverwendeten Chorschranken bestand, teilweise noch gut erhalten, mit größeren Fehlstellen im südlichen Bereich (hier befindet sich ein weiteres Raubgrabungsloch). Am westlichen Rand wurde der Fußboden des Presbyteriums durch das Chorschrankenfundament, welche noch in-situ freigelegt wurden und teilweise Fragmente von Chorstützen enthielten, beschränkt.

 3D Model einer Chorschrankenplatte, welche als Bodenplatte wiederverwendet wurde

Der Übergangsbereich zwischen den beiden Presbyterien konnte vollständig ergraben werden und wurde in ausgezeichnetem Erhaltungszustand vorgefunden. Der Bereich zwischen der östlichen Außenmauer und dem Pilaster 1BC wurde ebenfalls mit großen rechteckigen Steinplatten ausgelegt und es gibt eine kleine Stufe vom nördlichen ins südliche Presbyterium. Dieser Bereich war ebenso wie der restliche Kirchenkomplex mit weißem Mörtel verputzt und es konnten Reste des Verputzes in situ freigelegt werden. Im Bereich südlich der Apsis, welcher ebenfalls zu einem früheren Zeitpunkt beraubt wurde, konnte zudem bei abschließenden Putzarbeiten ein Reliquiar dokumentiert werden.

Das ausgegrabene Areal von F04.

Durch die Freilegung des Verbindungsganges zwischen den beiden Kirchen konnte die Annahme einer gleichzeitigen Nutzung der beiden Gebäude bestätigt werden. Bezüglich der Entstehung der Kirchen, kann nach ersten Analysen der Mauern zwischen den beiden Apsiden von zwei verschiedenen Bauphasen ausgegangen werden, wobei es scheint, als ob die südliche Kirche früher gebaut wurde. Genauere Beobachtungen darüber, in welcher Verbindung die beiden Gebäude zueinander stehen werden mit weiteren Grabungen, sowie der Auswertungen der Funde und der Keramik einhergehen.